Stolzenfels, Schloßkirche, I/6 – Opus 372
Wo der Organist im Innern der Orgel sitzt
Stolzenfels Schlosskirche, Orgel von Ad. Ibach & Söhne 1846, Restaurierung 2004
Das Instrument wurde im folgenden Jahr 1846 vom König selbst bei Ibach in Auftrag gegeben und zum Jahresende vollendet. Vorgegeben war dem Orgelbauer der Standort des Instruments in der Schlosskapelle an der Westwand des südlichen Kreuzarms, wo sich neben der mittleren Empore ein kleiner Raum befand, der das Werk mit der Balg- und Spielanlage aufnehmen sollte. Der Pfeifenpro spekt hatte sich zweifellos in den geplanten Zyklus der Wandmalereien einzuordnen. So war Ibach gezwungen, eine innen- und seitenspielige Schwalbennestorgel zu konstruieren.
Der Orgelbauer
Die Orgelbauwerkstatt Ibach ging aus der noch heute als Klavierbaufirma existierenden Manufaktur Adolf Ibach & Sohn hervor. Gegründet wurde sie 1794 von Johann Adolf Ibach (1766-1848), der sich ursprünglich auf Tafelklaviere, Flügel und Hausorgeln spezialisierte, aber schon 1795 eine gründliche Renovierung der Orgel in der Kirche der Kreuzherren zu Beyenburg (Wuppertal) ausführte. Seit 1826 sind Neubauten von Kirchenorgeln nachweisbar. Die Aufträge des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) für Schloss Stolzenfels (1846) und die Trierer Konstantinbasilika (1856) hoben das Renommee des Hauses, das künftig eine führende Stellung unter den Orgelwerkstätten in den westlichen Provinzen Preußens einnahm. Neben zahlreichen Instrumenten im rheinisch-westfälischen Raum war die Firma vor allem in Holland, Belgien, Spanien, in den USA (New York, San Francisco), Südafrika und auf Kuba tätig. Von den dreimanualigen Werken sind leider nur noch wenige vorhanden. Bis zum Erlöschen der Orgelbauwerkstatt im Jahr 1904 entstanden insgesamt über 200 Instrumente, von denen die Orgel im Schloss Stolzenfels zu den wenigen weitgehend original erhaltenen zählt.
Das Schloss
Der König hatte 1823 von der Stadt Koblenz, die nach dem Wiener Kongress als preußischer Verwaltungssitz und später auch als königliche Nebenresidenz dienen sollte, die sagenumwobene Ruine des Schlosses Stolzenfels zum Geschenk erhalten. Sie sollte ihm und seiner Gemahlin, der Prinzessin Elisabeth, Tochter des bayerischen Königs Max I. Joseph und seiner zweiten Gemahlin Karoline Prinzessin von Baden als Wohnung dienen. Bezeichnend für die romantisch veranlagte Natur des Königs war der festliche Fackelzug, den er mit großem Gefolge in historischen Kostümen am Abend des 14. September 1842 zur Burg hinauf unternahm, um den vollendeten Schlossbau in Besitz zu nehmen. Nach dem Tod des seit 1858 schwer erkrankten Königs 1861 behielt seine Gemahlin das Schloss als Witwensitz, in dem sie sich bis zu ihrem Tod im Jahr 1873 einige Male aufhielt.
Die Grundmauern der um die Mitte des 13. Jahrhunderts erbauten, etwa 200 Jahre lang als kurfürstlich triererische Zollstätte verwendeten und im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 zerstörten Burg waren weitgehend erhalten geblieben, und die Bauaufnahmen der Architekten Johann Lassaulx (1823), Wussow und Naumann (1837) bildeten die Grundlage für eine Wiederherstellung, für die der berühmte Berliner Architekt Karl Friedrich von Schinkel im Auftrag des Königs ein Konzept entwarf, das unter sorgfältiger Bewahrung historischer Bauteile der Gesamtanlage äußerlich und innerlich einen palastartigen Charakter verlieh. Die Ausführung lag in den Händen des Ehrenbreitsteiner Festungsbaumeisters Naumann. Nach Schinkels Tod übernahm August Stühler die Oberleitung.
Als der König das Schloss in Besitz nahm, hatte dieses noch keinen Sakralraum. Er war in Schinkels Konzept noch nicht vorgesehen und wurde 1842 als separater, zur Rheinseite hin vorgelagerter Teil von Naumanns Nachfolger Schnitzler offenbar aufgrund von Anregungen durch die von dem Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner zur gleichen Zeit begonnene Wiederherstellung des Kölner Doms und die Errichtung der St. Apollinaris kirche in Remagen entworfen und 1845 vollendet. Zu den ersten Besuchern zählte im gleichen Jahr die englische Königin Victoria mit ihrem Gemahl Prinz Albert von Sachsen-Coburg. Zu jener Zeit fehlte sowohl die Ausmalung der Wände als auch die Orgel.