Lehrberg, Evang. Kirche St. Margaretha, II/29 – Opus 455
Denkmalpflege und modernste Erweiterung gehen sehr wohl gemeinsam
Lehrberg Evangelische St.-Margareten-Kirche, Orgel von Johannes Strebel 1909 im Gehäuse von Friedrich Sigmund Prediger 1732, Restaurierung und Erweiterung 2021
Über viele Jahre hinweg war das wertvolle Instrument aus der Werkstatt von Johannes Strebel nicht mehr richtig zu gebrauchen. Es war störungsanfällig geworden und die klanglichen neobarocken Veränderungen passten weder zu dem Instrument noch zu den musikalischen Ansprüchen unserer Zeit.
Der Orgelbauer stand hier vor der Aufgabe gleich vier Wünsche unter einen Hut zu bringen:
1. Restaurierung nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten des vollständig erhaltenen Orgelwerkes mit originalem Spieltisch, pneumatischen Trakturen, Taschenwindladen und Doppelfaltenbalges mit Schöpfbalg.
2. Rekonstruktion der 1972 entfernten oder veränderten Pfeifen zur Herstellung der Original-Disposition von 1909.
3. Herstellung der Funktionssicherheit für den Alltagsgebrauch und Verbesserung der pneumatischen Trakturen mit reversiblen (nicht in den Originalsubstanz eingreifenden) Maßnahmen
4. Erweiterung der klanglichen und technischen Möglichkeiten um (fast) alle musikalischen Ansprüche unserer heutigen Zeit zu erfüllen.
Dass dies gleichzeitig möglich ist, durften wir hier eindrucksvoll zeigen.
Das Instrument von Strebel ist vollständig erhalten und restauriert. Die pneumatischen Trakturen wurden verbessert, so dass das An- und Absprache-Verhalten deutlich präsiser ist. Das Leder bei allen Taschen und Membranen wurde erneuert, was die Funktionssicherheit für die nächsten Jahrzehnte wieder herstellt. Alle Pfeifen konnten wir (auch durch unsere Erfahrung mit anderen Werken von Strebel) in Bauart und Mensur wieder original getreu herstellen. Auch der Spieltisch wurde komplett überarbeitet und funktioniert wieder wie am ersten Tag. Die Windversorgung ist sowohl über das elektrische Gebläse als auch über den Fußtritt mit Schöpfbalg möglich. Der romantische Klang ist wieder hergestellt und lässt die Zeit um 1900 musikalisch erahnen.
Um die zusätzlichen klanglichen Wünsche unserer Zeit zu erfüllen, wurde hinter dem vorhandenen Gehäuse ein Auxiliar-Werk gebaut. Aus wenigen Pfeifenreihen wurden eine Viezahl an neuen Klangfarben geschaffen. Mit intelligenter Steuertechnik wurden die Nachteile dieser Bauweise im wahrsten Sinne „umspielt“. Die Espressivo-Technik macht es mögliche, dass eine Pfeife, die im einen Werk schon klingt, beim Anspielen in einem anderen Werk durch ein anderes Register nochmals neu „anspricht“. Die üblichen Klanglöcher verschwinden dadurch und dem Musiker stehen vollständige Register zur Verfügung.
Wir sind sehr glücklich, hier das perfekte Konzept für dieses Klang-Denkmal gefunden zu haben und gleichzeitig mit zukunftsweisender Technik eine Vielzahl neuer musikalischer Möglichkeiten geschaffen zu haben.
DISPOSITION
I. Manual C-f‘‘‘
1. Bordun 16’
2. Principal 8’
3. Bordun 8’
4. Gamba 8’
5. Tibia 8’
6. Octave 4’
7. Flöte 4’
8. Octave 2’
9. Mixtur 3f 2 2/3’
10. Trompete 8’
II. Manual C-f‘‘‘‘ (ausgebaute Oktavkoppel)
11. Geigenprincipal 8’
12. Bordun 8’
13. Liebl. Gedeckt 8’
14. Salicional 8’
15. Vox coelestis 8’
16. Principal 4’
17. Fugara 4’
18. Flöte 4’
19. Flöte 2’
20. Cornett 2f. 2 2/3’
21. Trompete 8’
Pedal C-d‘
22. Contrabass 16’
23. Subbass 16’
24. Violon 8’
25. Bordun 8‘
26. Choralbass 4‘
27. Trompete 8‘
28. Clarine 4‘
29. Contraviolon 32‘ (akustisch)
Alle kursiv geschriebenen Register spielen in dem Ergänzungswerk von 2021 mit elektrischer Traktur.