Fragen zum Heizen und Lüften in Kirchen
Welche Temperatur braucht die Orgel?
Eine Orgel funktioniert grundsätzlich bei jeder Temperatur, sowohl bei 0°C im Winter als auch bei über 20°C im Sommer. Die Orgel verträgt langsame, jahreszeitliche Temperaturschwankungen sehr gut. Viele Orgeln funktionieren seit Jahrhunderten in unbeheizten Kirchen tadellos.
Welche Auswirkung hat die Luftfeuchtigkeit auf die Orgel?
Für Funktionssicherheit und Langlebigkeit braucht die Orgel dauerhaft eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 45% und 65%.
Bei 40% rel. LF und darunter ist mit Trockenschäden zu rechnen, ab 70% rel. LF kann es zu Schimmelwachstum kommen.
Wie kann man die Luftfeuchtigkeit überwachen?
Mit einem handelsüblichen Hygrometer (z.B. TFA Klimalogg Pro), den man in der Nähe der Orgel aufstellt, kann man die aktuelle Temperatur und Luftfeuchtigkeit ablesen und auch über einen langen Zeitraum aufzeichnen. In der Raumluft gemessene Werte können direkt auf der Oberfläche von Orgelteilen sogar noch höher sein, vor allem wenn diese Teile ausgekühlt sind.
Was sollte man beim Heizen von Kirchen beachten?
Das Aufheizen der Kirche vor einem Gottesdienst sollte langsam erfolgen, mit einer Temperaturänderung von max. 1°C pro Stunde. So hat die Orgel (und das übrige Inventar) Zeit sich zu akklimatisieren und wird beim Gottesdienst nicht zu sehr verstimmt sein.
Zu schnelles Aufheizen birgt die Gefahr, dass es innerhalb der Orgel zu starken Temperaturunterschieden kommt, was wiederum zu Spannungen im Material und starken Verstimmungen zwischen den Pfeifen führen kann. Außerdem steigt warme Luft immer nach oben. Um für die Kirchenbesucher unten 20°C zu erreichen, ist die Lufttemperatur oben bei der Orgel oft schon bei 30°C. Das birgt neben den Temperaturunterschieden innerhalb der Orgel oft die Gefahr, dass die relative Luftfeuchtigkeit zu stark abfällt und es zu Trocknungsschäden kommt.
Die Heizung von Kirchen sollte mit einem Hygrometer in der Nähe der Orgel kombiniert sein und sobald die Messung 45% rel. LF unterschreitet, sollte die Heizung abgeschaltet werden, auch wenn die Wunschtemperatur in der Kirche noch nicht erreicht ist. Dies ist umso wichtiger, je älter die Orgel ist, wie auch die andere Ausstattung der Kirche.
Welche Auswirkungen haben Kirchenbesucher?
Kirchenbesucher bringen auf unterschiedliche Weise Feuchtigkeit in die Kirche mit. Dies geschieht über feuchte Kleidung, Schuhe sowie Feuchtigkeit, die über die Atemluft oder Haut abgegeben wird. Eine aufgeheizte Kirchenluft kann diese Feuchtigkeit gut aufnehmen. Dieses Wasser verschwindet jedoch nicht wieder aus der Luft, sondern bleibt in der Kirche, nachdem alle Besucher wieder nach Hause gegangen sind.
Sinkt jetzt die Temperatur, kann die Luft die Feuchtigkeit nicht mehr halten und das Wasser kondensiert an kalten Oberflächen. Das können Wände oder Fenster sein, aber auch Orgelteile. Kommt hier noch eine Verstaubung der Orgel hinzu, weil diese schon lange nicht mehr gereinigt wurde, dann kommen alle Vorrausetzungen für ein Schimmelpilzwachstum zusammen.
Ist Lüften bei Kirchen immer gut?
Zu hoher Luftfeuchtigkeit kann man durch eine technische Entfeuchtung oder durch gezieltes Heizen begegnen. Beides benötigt, gerade in großen Räumen, viel Energie. Sparsamer und in den meisten Fällen sinnvoller ist gezieltes Lüften. Dazu muss jedoch die absolute Luftfeuchtigkeit außen geringer sein als in der Kirche. Um das einschätzen zu können, braucht es Messungen und physikalisches Verständnis. Regelmäßiges Lüften durch eine kundige Person ist hier gut, automatische Systeme sind meist die bessere Lösung.
Lüftet man zum Beispiel an einem warmen Frühlingstag, dann holt man sich unbemerkt die warme, aber zu feuchte Luft in eine vom Winter noch ausgekühlte Kirche und bewirkt genau das Gegenteil. Man wird im schlimmsten Fall überrascht sein, dass die Feuchtigkeit an Wänden, Fenstern, aber auch Orgelpfeifen kleine Tröpfchen bildet.
Verstimmt sich die Orgel bei Temperaturänderung?
Ja, jede Temperaturänderung um 1°C verstimmt die Orgel um 0,8Hz. Wurde die Orgel also bei 20°C auf 440Hz gestimmt, so klingt sie bei 10°C mit 432HZ. Geschieht diese Temperaturänderung langsam und nicht mit starken Schwankungen, so stimmt die Orgel auch weiterhin „in sich“, nur die Tonhöhe der gesamten Orgel klingt dann eben etwas tiefer (und wird es wärmer, auch wieder höher).
Warum muss man die Zungenstimmen trotzdem nachstimmen?
Die Zungen-Register machen diese gleichmäßige Stimmungsänderung nicht mit und behalten für sich die Stimmung. Zum Rest der Orgel klingen sie jedoch bei Abweichung der Temperatur verstimmt. Da es gegenüber den labialen Registern weniger Zungen in einer Orgel gibt und sich diese leichter stimmen lassen, muss man im Jahresverlauf die Zungen regelmäßig nachstimmen. Dies kann ein Orgelbauer oder mit etwas Übung auch ein Organist machen.
Ist es schlecht für die Orgel, wenn die Kirche gar nicht mehr geheizt wird?
Das kann man nicht pauschal beantworten. Es kann für die Orgel schlecht sein, wenn dadurch eine relative Luftfeuchtigkeit über 65% herrscht. Für andere Orgeln kann es sogar gut sein, weil es gegenüber einem Winter mit durchgehendem Heizbetrieb nicht zu trocken wird.
In den meisten Fällen ist es für die Orgel besser, wenn eine niedrige Grundtemperatur von z. B. 6-8°C aufrechterhalten wird. Für den Gottesdienst kann diese Temperatur dann langsam um einige Grade erhöht werden.
Was kann man in unbeheizten Kirchen machen, damit der Organist nicht friert?
Man sollte von grillähnlichen Heizstrahlern Abstand nehmen. Diese bergen neben der Brandgefahr auch die Gefahr, dass verschiedene Materialien am Spieltisch Schaden nehmen. So können manche Kunststoffe und Lacke spröde werden und auch Holz reißen, wenn es zu warm wird.
Um dennoch nicht frieren zu müssen, gibt es Klaviaturheizungen, Heizplatten unter Pedalklaviaturen und Heiz-Paravents im Rücken des Organisten. Diese werden nur max. 60°C warm und wirken über die Infrarot-Strahlung der großen Oberfläche.
Ähnliche Heizsysteme gibt es auch für die Kirchenbesucher. Diese sind oft effizienter, sparsamer und ermöglichen ein besserer Raumklima.
Auswirkungen auf die Orgel
Folgen von zu niedriger Luftfeuchte:
Die meisten Teile einer Orgel sind aus Holz. Dieses Holz ist getrocknet, passend zu einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 70%. Bei Luftfeuchteschwankungen verhält sich das Holz hygroskopisch, das heißt es nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Bei Werten außerhalb dieses Normalbereichs reagiert das Holz mit übermäßigem Quellen oder Schwinden, im Extremfall zu Rissen im Holz.